Friedrich Voß, der Erbauer der Rendsburger Eisenbahnhochbrücke, wird am 7. Juli 1872 in Calvörde, Kreis Helmstedt, geboren. Er ist ein großer, schlanker Mann mit einer hohen Stirn. Voß besucht die Technische Hochschule in Braunschweig, um den Beruf des Ingenieurs zu erlernen. 1897 tritt Friedrich Voß in den Dienst der Wasserbauverwaltung Harburg, später gehört er zur Kanalisationsabteilung in Königsberg. Von 1899 bis 1902 arbeitet der junge Ingenieur Voß in der Brückenbauabteilung bei MAN. Hier lernt er auch, seine Konstruktionen wirtschaftlich zu planen. Als er später von der Rendsburger Hochbrücke spricht, sagt er: „Brücken müssen schön sein, aber doch wirtschaftlich. Das war mein Standpunkt, und an dem habe ich festgehalten. Ich möchte betonen, dass keine Brücke in Deutschland so relativ billig gebaut wurde wie die Rendsburger Hochbrücke.“ 1903 wird er als technischer Angestellter ins Ministerium für öffentliche Arbeiten berufen. In den Jahren 1906 bis 1908 ist er mit den Entwürfen zur Überquerung des Mittellandkanals beschäftigt.
1908 wird der 36-jährige Friedrich Voß an das Kaiserliche Kanalamt als Leiter des Brückenbauamtes berufen. Er baut in dieser Zeit drei Hochbrücken über den Kanal: in Holtenau (1912), Rendsburg (1913) und Hochdonn (1920). Auch die Straßen-Drehbrücke in Rendsburg trägt Friedrich Voß’ Handschrift. Er nutzt als erster Ingenieur den beim U-Boot-Bau entwickelte festen Flussstahl für den Bau seiner Brücken. Dabei achtet er besonders darauf, dass sich seine filigranen und fast durchsichtigen Brücken gut in die Landschaft einpassen. 1922 wird ihm von der technischen Hochschule Braunschweig der Grad eines Dr. Ing. e. h. (ehrenhalber) verliehen. Ein Jahr später scheidet er aus gesundheitlichen Gründen aus dem Staatsdienst aus und gründet in Kiel zusammen mit zwei seiner langjährigen Mitarbeiter ein Ingenieurbüro. Erst spät, mit 50 Jahren, hat er 1922 eine Familie gegründet. Bis 1930 wurde er Vater von einem Sohn und vier Töchtern. Als Berater arbeitet Friedrich Voß aber weiterhin für die Kanalverwaltung. Viele Brückenkonstruktionen werden noch in seinem Büro geplant. In der Nähe von Rendsburg beispielsweise die Klappbrücke über die Eider bei Lexfähre, die Straßenbrücke bei Friedrichstadt, eine Klappbrücke in Duisburg, eine Eisenbahn- und Straßenbrücke über die Rethe in Hamburg und eine Brücke über den Rhein bei Krefeld-Uerdingen. Sogar die Stadt Stockholm hat von Friedrich Voß einen Entwurf für eine Eisenbahn- und Straßenbrücke gekauft. Er gilt als der erfolgreichste deutsche Brückenbauer des 20. Jahrhunderts. Voß dachte auch politisch. Schon damals hat er gesagt: „Ich bin für den Wegfall der europäischen Grenzen, und für ein einiges Europa.“
Seine Tochter Hertha Elisabeth Erich erinnert sich: „Mein Vater war ein außerordentlich bescheidener Mensch. Wenn er auf seine Brücken angesprochen wurde, sagte er stets: »Das ist nicht mein Verdienst, sondern eine Gottesgabe.« Vater war kein Geschäftsmann, er blieb trotz seines Erfolges ein Idealist. Sein Brückenentwurf für Krefeld-Uerdingen zum Beispiel sollte mit 30 000 Reichsmark prämiert werden. Aber mein Vater verzichtete zu Gunsten einer kinderreichen Aussiedlerfamilie auf das Geld. Aber für uns Kinder verkörperte er auch Autorität und Strenge. So hatten wir zum Beispiel bei Tisch den Mund zu halten und uns im Zuhören zu üben.“ Noch in seinem letzten Lebensjahr unternimmt Friedrich Voß, bereits schwer rheumakrank, einen Kontrollgang über seine Rendsburger Hochbrücke.
Am 3. März 1953 stirbt er in Kiel in seinem Wohnhaus in der Düppelstraße. In diesem Haus lebte auch bis zu ihrem Tod 2013 seine Tochter Hertha Elisabeth Erich. Am Tag nach seinem Tod wird Friedrich Voß das Bundesverdienstkreuz verliehen. Nach ihm wurden zwei Straßen in Kiel und Rendsburg benannt. Auch ein Kanalschiff trägt seinen Namen. Das Grab von Friedrich Voß befindet sich auf dem Parkfriedhof Eichhof in Kronshagen bei Kiel.